Seelsorge, Psychotherapie (HPG) & Traumaberatung Heike und Andreas Timmler


Dezember 17, 2013

reingezoomt…

Ich denke gerade an die Predigt von Freimut Haverkamp am vergangenen Sonntag zurück. Er sprach unter anderem davon, dass wir manchmal oberflächlich sind, dass wir pauschalisieren, sowohl in negativen wie auch in guten Dingen. Als Beispiel nannte der die Situaton, wie sie als Familie im Jahr 2004 Weihnachten erlebt haben. Alles war schön, alles war gut, die Familie war zusammen bis plötzlich die Meldung von dem großen Tsunami über die Medien verbreitet wurde, der nach dem starken Erdbeben entstanden war und in Thailand und weiteren Gebieten eine riesige Flutwelle ausgelöst hatte, die ganze Regionen dem Erdboden gleich gemacht und über 230000 Menschen das Leben gekostet hatte. Ja, diese Meldung war schlimm, man verfolgte die Nachrichten und man war bestürzt über das Ausmaß der Katastrophe. Für uns im fernen Deutschland fühlten wir mit, aber es war auch relativ weit weg. In seiner Predigt zeigte Freimut dann einen kurzen Ausschnitt des Films „The Impossible“. Dieser Film beschreibt diesen Tsunami an Hand einer wahren Geschichte. In der gezeigten Szene wird das Chaos nach dem Tsunami deutlich, überall rennen verzweifelte, verletzte Menschen herum, Trümmer stapeln sich überall, in den Krankenhäusern liegen die Menschen im Gang, auf den Fluren und in dieses Chaos hinein zoomt der Film dann auf einen Jungen, der selbst leicht verletzt ist und von einem verzweifelten Mann angesprochen wird, ob er seinen Sohn gesehen habe, was der Junge verneint. Er notiert sich aber den Namen des Jungen und fängt an, durch die Kliniken zu gehen und immer und immer wieder den Namen des vermissten Jungen zu rufen. Mit der Zeit kommen weitere Verzweifelte Menschen und fragen den suchenden Jungen nach ihren Verwandten. Auch diese Namen schreibt er sich auf und ruft diese bei seiner Suche immer wieder laut durch die Flure, Treppenhäuser und Zimmer der Krankenhäuser. Auf einmal, als man im Film überhaupt nicht damit rechnet, antwortet ein anderer Junge auf das Rufen „Hier!“ … In diesem Moment bekommt das Allgemeine Leid, das Schreckliche, das Unfassbare ein Gesicht, es wird konkret. Der Junge, der die ganze Zeit vermisst war und gesucht wurde, ist plötzlich gefunden.

Auch in Bezug auf Gott kennen wir oberflächliche Aussagen. Und ja, sie sind sogar richtig wenn ich zum Beispiel sage: „Gott hat alle Menschen lieb“. Da ist nichts Falsches dran und es ist gut, dass diese Aussage richtig und wahr ist. Aber wie viel aussagekräftiger ist es, wenn ich sage: „Gott liebt mich!“?  Oder eine weitere pauschale (richtige) Aussage: „Jesus ist für jeden gestorben“. Was für eine Bedeutung hat es aber für mich wenn ich sage „Jesus ist für mich gestorben“? Oft können wir uns das nicht so vorstellen, wie Gott mich und Dich persönlich sieht, wie verliebt er in mich und in Dich ist. Freimut machte das wiederum an einem guten Beispiel deutlich. Er hat drei Töchter und er liebt alle drei Töchter. Aber er liebt nicht jede Tochter gleich, was nicht heisst, dass er die eine mehr liebt als die Andere. Er liebt sie einfach sehr individuell, er liebt sie alle anders, auf ihre eigene Weise. So muss es auch mit Gottes Liebe zu mir sein: Ich bin nicht pauschal geliebt, sondern ich bin ganz individuell geliebt und Du bist es auch!

Mein Wunsch ist es, von der Oberflächlichkeit weg zu kommen und nicht zu pauschalisieren. Wenn ich mich an die letzten Wochen erinnere, dann habe ich von vielen schweren Krankheiten gehört, Menschen, die sich von heute auf morgen mit dem Thema Krebs beschäftigen müssen, Kollegen, die eine Familie betreuen, deren Tochter an einem unheilbaren Hirntumor leidet, Freunde, die ihre Freunde im Alter von gerade mal 22 Jahren und 29 Jahren verloren haben. Ja das ist super schlimm, aber auch da möchte ich nicht pauschalisieren. Ich möchte, so weit es an mir liegt, mittrauern, mitfühlen, mitbeten, mitkämpfen. Denn wenn das Leid plötzlich ein Gesicht bekommt wie in dem Film, dann, ja spätestens dann zeigt sich, ob man wirklich bereit ist, sich mit dem Leid des Anderen eins zu machen und ob es wirklich so ist, wie die Bibel es sagt, dass wenn ein Christ leidet, die anderen mitleiden oder ob wir dann nur pauschal sagen „ja, das ist schon schlimm“.

Persönlich hat mich das Leid eines Freundes vom B.A.S.E.-Jugendgottesdienstteam echt berührt. Lothar hat letzte Woche sehr plötzlich die Diagnose Krebs bekommen (Lothar hat mir übrigens erlaubt, davon hier zu berichten). Eigentlich eine Situation, in der ich vermuten würde, dass eine Welt zusammenbricht, dass man Jesus vielleicht Vorwürfe macht, eine Situation, in der man sich alleine gelassen fühlen könnte. Aber seht selbst, was Lothar berichtet und wie er erlebt, dass eben nicht oberflächlich gehandelt oder gesprochen wird, sondern dass seine Freunde, seine Gemeinde wirklich „reinzoomt“ und sich mit seinem Leid vereint, gemeinsam mit ihm betet, mit ihm vor Gott tritt. Mich hat dieses Zeugnis sehr berührt.

Zeugnis von Lothar ! from Lothar Wessling on Vimeo.

Lasst uns als Christen einen Unterschied machen, lasst uns die Oberflächlichkeit zur Seite legen und hineinzoomen. Lasst uns auch Gottes Zusagen für uns persönlich in Anspruch nehmen und nicht als oberflächlich ansehen.

Wow – Gott liebt mich und er ist für mich gestorben und er möchte mit mir leben und Gemeinschaft mit mir haben. Gott ist gut!

 

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