Seelsorge, Psychotherapie (HPG) & Traumaberatung Heike und Andreas Timmler


Mai 07, 2013

Sehnsucht wecken

Sehnsucht Sehnsucht2 Sehnsucht3 Sehnsucht4 Sehnsucht5 Sehnsucht6Wie kann ich ein „Schiff“ bauen? Diese Frage habe ich mir vor etlichen Jahren einmal gestellt, als ich sehr intensiv in die Arbeit mit Jugendlichen eingestiegen bin. Damals ging es natürlich nicht um ein Schiff im eigentlichen Sinn, es ging um die Frage, wie ich meine Mitarbeiter in das Projekt „Schiff bauen“ mitnehmen kann, denn nicht jeder mag unbedingt die Arbeit als Schiffbauer. Damals las ich ein Zitat von Antoine de Saint-Exupéry. Dieses lautete: „Wenn du ein Schiff bauen willst, dann rufe nicht die Männer zusammen, um Holz zu holen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten Meer“.  Wie viel Tiefe hat diese Aussage! Wenn ich mir vorstellen würde, mich würde man dazu verpflichten, ein Schiff zu bauen, dann hätte ich auf Anhieb viele Gründe, warum ich dafür nicht geeignet bin. Ich bin handwerklich nicht begabt, ich habe schon was anderes vor, ich kann das nicht oder möchte jenes nicht. Etwas Anderes wäre es aber, wenn mich jemand einladen würde, eine Fahrt auf einem Schiff mitzumachen, das Meer, die Natur, die Fische zu erleben, sie zu sehen, sie zu hören, riechen, schmecken und fühlen. Alleine die Bilder rechts aus einem Italienurlaub wecken in mir schon wieder eine Sehnsucht nach dem Meer. Wie viel mehr Wirkung hätte das? Wie viel mehr würde ich mit Begeisterung in ein Projekt „Schiffsbau“ einsteigen, unabhängig davon, ob ich mich als Schiffbauer sehe oder nicht, wenn ich wüsste, was ich mit diesem Schiff machen kann, wohin ich mit diesem Schiff fahren kann, was ich alles sehen und entdecken kann, wenn ich mit vollem Einsatz an dem Schiff mitbaue, damit es schnell fertig wird, damit ich das Abenteuer beginnen kann.

Ich bin überzeugt, dass es bei anderen Projekten genau so ist. Wenn ich mich auf das Projekt konzentriere und keine Sehnsucht nach dem habe, wofür das Projekt eigentlich gut ist, dann kann der Schiffsbau vielleicht gut starten, aber der Eifer wird schnell verflachen, denn ich weiss nicht, wohin ich mit dem was ich baue, einmal segeln kann. Was erwartet mich, wenn dass „Schiff“ fertig ist? Ein tolles Schiff, das ich besichtigen kann und vielleicht über die Größe oder Architektur staune? Und nach der Besichtigung gehe ich aus dem Schiff wieder an Land und gucke mir später vielleicht noch ein paar Bilder an, die ich bei der Besichtigung gemacht habe? Ist das alles? Oder konzentriere ich mich auf das Meer, auf das, was ich mit dem Schiff erreichen kann, wenn es denn fertig ist? Wie viel mehr Motivation wäre das? Die Ärmel hochzukrempeln, richtig mit anzupacken, um dann so schnell es geht, in See zu stechen, weil mich nichts mehr hält…

Auch in der Arbeit mit Jugendlichen dürfen wir dieses Prinzip immer wieder erleben. Projekte und Programme sind manchmal hilfreich, auf Dauer aber sind diese zum Scheitern verurteilt, wenn die Sehnsucht nach dem unendlichen Meer nicht parallel dazu geweckt wird.

Gott, ich möchte keine Projekte, Programme um ihrer selbst willen, ich habe Sehnsucht nach dem unendlich weiten Meer und nach dem, was es dort alles noch zu entdecken gibt.

Schreibe einen Kommentar